- In Kambodscha starte ich in der Hauptstadt Phnom Penh
- Siem Reap, der Ausgangspunkt zum Tempelgebiet
- Die Tempel Bayon, Ta Prohm (Dschungeltempel), Angkor Wat
- Weiter zu Banteay Srei und lustige Begegnungen
- im Kinderspital von „Beatocello“
- Auf dem Tonle Sap
- Zurück mit dem Schnellboot nach Phnom Penh
- Abschied von Kambodscha
In Kambodscha starte ich in der Hauptstadt Phnom Penh
Dienstag, 25. November Mit kleiner Verspätung auf dem Flug nach Bangkok und einer weiteren nach Phnom Penh, komme ich gegen Abend in Kambodscha an. Da sitzen am Flughafen etwa acht Beamte in einer Reihe, um meinen Visaantrag zu begutachten, zu kontrollieren, ein Abziehbildchen in meinen Pass zu kleben, zu unterschreiben, zu stempeln und die dafür fälligen 20 Dollar einzukassieren. Jeder dieser Angestellten hat da ordentlich was zu tun… Danach kann ich mit einem Taxi in die Stadt fahren. Was mir in diesem Land als Erstes aufgefallen ist, sind die französisch angeschriebenen Schilder. Kambodscha war ja auch einige Zeit unter französischem Protektorat. Das zweite Ungewöhnliche ist mein Taxi, das rechts gesteuert ist. Das alleine wäre ja nichts Spezielles, doch hier wird auch auf der rechten Strassenseite gefahren. Ich habe mir dann sagen lassen, dass die Fahrzeuge, die meistens aus Thailand importiert werden, eben so gebaut sind und dass etwa die Hälfte der Autos in Kambodscha rechts, die andere Hälfte links gesteuert wird.
In meinem Hotel habe ich an der Rezeption von einer Deutschen, die in Kambodscha arbeitet, deren Bootsticket nach Siem Reap abgekauft, da ich zufällig gehört habe, dass sie wegen einem dringenden geschäftlichen Auftrag am nächsten Tag nicht fahren kann. Somit werde ich vorerst nur ein Mal in der Hauptstadt übernachten und fahre um sieben Uhr in den Norden. Jetzt tut sich wieder etwas! Die ersten Stunden in einem neuen Land sind immer sehr interessant. Was erwartet mich hier? Wie finde ich mich zurecht? Wie sind die Preise? Wie komme ich an die verschiedenen Orte? Welchen ersten Eindruck bekomme ich vom Land und den Leuten? Diese Ungewissheit überwinde ich jedoch meist recht schnell. Ein paar freundliche Worte mit den Hotelangestellten, einige Fragen an die Mopedtaxifahrer oder die normalen Taxifahrer und ich bin gerüstet für die weiteren Tage. So hoffe ich wenigstens! Auf jeden Fall gewöhne ich mich immer schneller an neue Länder, Sitten und Situationen und freue mich riesig auf dieses Land, das mich äusserst herzlich empfangen hat.
Siem Reap, der Ausgangspunkt zum Tempelgebiet
Mittwoch, 26. November 2003 Und wieder habe ich am Tag vor einer morgendlichen Reise schlecht geschlafen. Ich mag es schon gar nicht mehr sagen. Doch dieses Mal habe ich wieder eine gute Ausrede; es war extrem heiss und stickig im Zimmer. Als ich dann auf die Strasse gegangen bin und mich eines der vielen Mopedtaxis zum Fluss gefahren hat, habe ich bemerkt, dass es überhaupt nicht abgekühlt hat. An der Bootsanlegestelle, wo ich viel zu früh angekommen bin, kaufe ich dann erst einmal ein Baguette und ein original „vache qui rit“-Käslein. „Vive la France!“ Die Bootsfahrt dauert insgesamt sechs Stunden. Der anfängliche Enthusiasmus, von der herrlichen Flusslandschaft herrührend, weicht jedoch bald einmal meinem Schlafbedürfnis. Da das Boot recht gut besetzt ist, lege ich mich einfach, wie früher, als ich noch jung war…, inmitten des Gepäcks und dutzender von Touristenfüssen auf dem Sonnendeck auf den harten Boden. Dabei schütze ich mich mit dem Sarong gegen Fahrtwind und Sonne und döse friedlich vor mich hin. Als wir in Siem Reap ankommen, empfängt uns eine riesige Schar von Schleppern. Ich sehe haufenweise beschriebene Schilder, die diese Kommissionsjäger in die Höhe halten. Überraschenderweise steht auch irgendwo mein Name, „Mr. Beat“, drauf. Den hat er von seinem Kollegen oder Bruder (die Guys hier sagen jeweils immer, dass sie überall Brüder und Schwestern haben) telefonisch bekommen. Schlussendlich habe ich mich dann auf sein Motorrad gesetzt. Nachdem er mich im Hotel abgeliefert hat, vereinbaren wir, dass er die nächsten Tage mein Fremdenführer und Chauffeur sein wird. Am späten Nachmittag fährt er mich dann schon einmal in die Tempelregion, wo ich auf einem kleinen Hügel den Sonnenuntergang, den ersten Blick auf die bewaldete Region und natürlich auf Angkor Wat geniessen kann. Mit ungetrübtem Geniessen ist dann aber nicht viel. Ich bin zu spät auf dem Berg angekommen, wo sich vor allem viele Japaner und Chinesen tummeln, die die besten Plätze schon eingenommen haben. Und auch der Sonnenuntergang ist nicht besonders beeindruckend, da es ziemlich stark bewölkt ist. Doch bereits das Gefühl, in dieser Region zu sein, ist den kurzen aber anstrengenden Aufstieg wert gewesen. Für das Abendessen bin ich zusammen mit zwei Kanadiern in ein riesiges Tourbus-Touristenrestaurant gegangen mit dem Ziel, neben den Spezialitäten vom Buffet noch eine typische Tanzvorführung zu ge-niessen. Diese ist auch ganz gut gewesen. Doch ich habe mich so glänzend mit den beiden über das Reisen unterhalten, dass wir nur wenig von dieser kambodschanischen Kulturvorführung mitbekommen haben.
Die Tempel Bayon, Ta Prohm (Dschungeltempel), Angkor Wat
Donnerstag, 27. November Der heutige Tag steht ganz im Zeichen einer Entdeckungsreise des riesigen, sicherlich etwa 15 mal 20 Kilometer grossen Tempelgebietes. Und es gibt heute wirklich nur Höhepunkte! In den Stadtmauern des Angkor Thom besuche ich Bayon, den ersten der Haupttempel. Am Nachmittag ist dann der Ta Prohm (Dschungeltempel) und pünktlich zum Sonnenuntergang, Angkor Wat, an der Reihe. Auch da bin ich nicht der einzige Fotograf, der sein Stativ vor einem Weiher installiert, um den genialen Anblick von Tempel und dessen im Wasser reflektierende Silhouette zu fotografieren, beziehungsweise zu filmen. Die ganze Sightseeingtour habe ich nur ein Mal kurz fürs Mittagessen unterbrochen. Dabei habe ich mir eines meiner Leibgerichte hier in Asien, einen leckeren Reis-Gemüse-Huhn Teller, gegönnt. Den Preis konnte ich, obwohl auf den Speisekarten angegeben, verhandeln. Es gibt hier so viele Essensstände und so wenige Individualtouristen, dass man hier mit ein paar Dollars der absolute König ist.
Weiter zu Banteay Srei und lustige Begegnungen
Freitag, 28. November Mein Fahrer namens Hat, legt mir ans Herz, dass ich heute zuerst und dies relativ früh, den Tempel Banteay Srei, der sich etwa 40 Kilometer von Siem Reap entfernt befindet, besuche. Dies ist ein sehr guter Hinweis. Denn der Tempel ist interessant und die Touristenbusse, welche später ihre vollen Ladungen von Feriengästen jeweils wie Fliegen auf die Sch… loslassen, sind noch nicht zu sehen. So kann ich diesen Tempel in Ruhe für mich entdecken. Obwohl ich ja eigentlich das Motorradfahren eher ablehne, geniesse ich das „feeling“ auf dem Sozius mit Hat immer mehr. Es gibt mir nämlich grosse Freiheiten, irgendwelche Fotostopps einzulegen. So unterbrechen wir die Rückfahrt sicherlich zehn Mal, um meinen fast unbändigen Filmdrang zu stillen. Ich erlebe nämlich einige der schönsten Momente meiner Reise bei diesen, vom Touristenstrom weit abgelegenen, Stopps. Meine „Masche“ ist fast immer dieselbe. Zuerst filme ich einige Kinder, die immer die ersten sind, die mich beschnuppern. Ich zeige ihnen dann jeweils sofort auf dem kleinen Bildschirm, was ich aufgenommen habe. Dann wollen sie, dass ich sie nochmals und immer wieder filme und ihnen das Resultat zeige. Oftmals kommen dann auch die Frauen dazu. Männer sind meistens nicht anwesend oder halten sich scheu im Hintergrund. Am Schluss kann ich dann ihre Häuser, die Hunde und Tiere, einfach alles was sich in der Gegend befindet, aufnehmen. Dieses Filmen ist jedoch auch oftmals sehr anstrengend. Ich mache das ja sehr, sehr gerne. Doch wenn ich dann über längere Zeit eine Traube von Erwachsenen und vor allem Kindern um mich herum habe, die mich viel mehr anstarren als ich sie, mir oftmals die Kamera fast aus den Händen reissen, weil sie sich dort sehen wollen, wird die Sache schon recht mühsam. Doch, wie gesagt, das ist für mich der schönste Weg, mich inmitten dieser Menschen zu befinden und ihren Alltag so ziemlich ungeschminkt mitverfolgen zu können. Ich bin jeweils immer wieder froh, dass ich doch fast von einem anderen Planeten komme und mich später wieder in mein schönes Hotel und die gewohnte Touristenumgebung zurückziehen kann. Wir haben nach den diversen Zwischenhalten noch einige kleinere Tempel besucht. Ein besonderes Erlebnis ist dann jeweils auch, wenn ich in die Nähe des Einganges komme. Da gibt es immer so zwischen fünf und dreissig Essensstände mit jungen Frauen, die schon von weitem ihre kalten Getränke, das Essen oder die Souvenirauswahl an-preisen. Sie dürfen jeweils einen für sie reservierten Sektor nicht verlassen, da sie sonst von der strikten Polizei verwarnt werden. Diese gute Organisation und die Trennung zwischen dem Touristengeschäft und den eigentlichen Sehenswürdigkeiten, habe ich bis dato noch nirgends erlebt. Ich kann es mir oftmals nicht verkneifen und gehe zu den hübschen Mädchen hin und wechsle einige Worte mit ihnen. Die Konversation klingt dann ungefähr, aus dem „Basic English“ frei übersetzt, so; „Hallo, du Mister blaues T-Shirt, kaufst du kalten Drink? Oder kaufst du meine Flöte für einen Dollar? Nein? Dann zwei Flöten für einen Dollar? Nein? Dann eben zwei Flöten und eine Mundtrommel für einen Dollar? Die Flöte für deine Schwester, die zweite Flöte für deine Mutter und das Mundinstrument für deinen Bruder. Kaufst du Sarong? Brauchst du Batterie oder Film? Kaufe mir T-Shirt. Oder später wenn du bist zurück? Du wirst dich an mich erinnern! Ich rufe dich als erste dann! Du, Sir, nehme mir Tasche für deine Freundin! Was, du hast nicht Freundin?“ Dann sage ich, dass ich verheiratet bin. Ich mache ihnen klar, dass ich auch keine Kokosnuss essen will und keinen geschnitzten Holzvogel brauche und schon viele Tontiere zu Hause habe. Das ganze ist jedoch jedes Mal mit viel Lachen und fröhlichen Gesten begleitet. Oftmals auch mit viel Witz und hört sich dann etwa so an: „Das einzige was ich kaufen würde, falls er mir gefällt, ist der Tempel da hinten“. Dazu sagt die Verkäufern: „Ist OK, gib mir aber 1 Real dafür. Aber den hast du nicht. (Sie lacht) Und Rückgeld kann ich dir nicht geben. Aber wenn du wieder zurückkommst, kaufst du mir kalter Drink?“ Bei so viel Charme bekomme ich bald eine Coca Cola-Vergiftung… (Der Real ist die kambodaschanische Währung, die jedoch selten gebraucht wird. Die kleinste Banknote die heute noch existiert ist 100 Real. Im täglichen Leben wird jedoch öfter mit US-Dollar bezahlt.)
im Kinderspital von „Beatocello“
Samstag, 29. November Am letzten Tag meines kulturellen Aufenthaltes mit meinem Dreitagespass fahren wir in eine etwa fünfzehn Kilometer entfernte Gegend, wo sich drei weitere Ruinen befinden. Beim heutigen Ausflug sind eigentlich nicht die Tempel, sondern das Land und die Leute das Herausragende. Wie schon am Vortrag haben wir viele Stopps auf dem Weg nach und von Reluos eingelegt, um viele Eindrücke von Kambodscha mitzubekommen. Ja, die Einwohner hier sind wirklich sehr herzlich und haben mich jedes Mal mit einem Lächeln empfangen. Sie haben nach den vielen Jahren Bürgerkrieg und der Schreckensherrschaft der Roten Khmer sehr viel verloren und leben in einem Land, wo grundlegende Infrastrukturen noch weitgehend fehlen. Das hat am Abend auch Dr. Beat Richner, Schweizer des Jahres 2003 und mir schon seit mehr als dreissig Jahren, von der Kinderstunde am Fernsehen als „Beatocello“ bekannt, eingehend erläutert. Er hat in Siem Reap sein drittes Kinderspital eröffnet und wirbt hier jeden Samstag mit einem kleinen Cellokonzert für sein Lebenswerk. Er beleuchtet auch eingehend die misslichen Verhältnisse in diesem Land und ruft zu Blut- und Geldspenden auf. Als ich gehört habe, dass ich „Beatocello“ hier live sehen kann, habe ich mich schon während Tagen auf diesen Event gefreut. Dass dies ein teurer Abend werden würde, wusste ich schon vorher. Doch wenn du die schwierigen Verhältnisse in den Dörfern, wo die Kinder aufwachsen, gesehen hast, bist du wenigstens überzeugt, mit deiner Spende etwas Gutes getan zu haben. Falls du diese Hilfsprojekte auch finanziell unterstützen möchtest, findest du dafür die nötigen Informationen am Schluss des Buches.
Auf dem Tonle Sap
Sonntag, 30. November Heute heisst es wieder früh aufstehen, da ich die schwimmenden Dörfer auf dem Tonle Sap, dem riesigen See, noch vor dem zu erwartenden Touristenstrom sehen möchte. Ich kann dort mit einem Boot eine fast zweistündige Fahrt unternehmen. Als ich kurz nach Sonnenaufgang „in See steche“, sehe ich jedoch schon das allererste Boot, gefüllt mit einer Gruppe Japanern, wieder an die Anlegestelle zurückkommen. Ja, ja, die Japaner! Sie haben sicherlich ein noch dichteres Reiseprogramm als ich! Vorgestern ist mir das auch schon beim Sonnenuntergang auf einem Tempelberg aufgefallen, als ich eine Gruppe Japaner sah, die schwitzend und ausser Atem in ihren Tanzschuhen den Hügel hochgerannt sind, als die anderen Touristen ihre Fotoapparate schon wieder eingepackt hatten und die besten Aus- und Augenblicke schon längst genossen hatten. Auch hier, auf diesem See, habe ich mir wieder gedacht, wie ich es doch bei mir zu Hause schön habe. Denn das Leben auf einem kleinen Boot, inmitten von Abfällen und eingenebelt vom penetranten Gestank von Wasser und Fisch: das ist schon nicht das Gelbe vom Ei! Da Hat, mein Fahrer, über Mittag bei einer Hochzeitsparty eingeladen ist, bleibe ich im Hotel und gehe später für einer Stunde an eine Hauptstrasse, die die Stadt durchquert. Da schaue ich mir einfach nur den Zwei- und Vierradverkehr an. In einem solchen Land ist eine einfache Strassenkreuzung für mich schon ein Ausflug wert! Da läuft echt was ab! Zurzeit geniesse ich die grenzenlose Freiheit, die ich habe, während ich allein unterwegs bin. Es ist schon eine einmalig gute Erfahrung. Ich kann tun und lassen, was und wie ich will. Eben, zum Beispiel, eine Stunde an einer Kreuzung sitzen, ganz wie es mir gerade passt. Meinen Tag so einteilen, wie ich es gerne habe. Aufstehen und essen wann ich Lust habe. Einfach frei! Das ist grossartig! Die nächsten drei Wochen werde ich dieses Gefühl noch total auskosten. Es ist nämlich wirklich genial! Am Nachmittag fahren wir dann nochmals in ein kleines Dorf ausserhalb der Stadt, wo ich mich durch die engen Strassen und betriebsamen Märkte treiben lasse und diverse Sujets filmen kann. Auch hier, abseits von den Touristenwegen, bin ich natürlich total ausgestellt und werde dementsprechend von hunderten von Augen-paaren durchleuchtet. „Was will der Weisse denn hier? Der sucht die Tempel aber an einem komischen Ort!“, werden die Einheimischen sich sicherlich gefragt haben.
Zurück mit dem Schnellboot nach Phnom Penh
Montag, 1. Dezember Heute fahre ich von dieser eindrucksvollen Region von Siem Reap mit dem ausgebuchten Schnellboot, genannt „Rambo“, Richtung Phnom Penh. Wir durchqueren den Tonle Sap und folgen dem gleichnamigen Fluss bis zur Hauptstadt. Zum Glück habe ich mich sofort für einen Sitz im Innern des Bootes entschieden. Dafür habe ich mich auch warm angezogen, weil ich seit der Hinfahrt weiss, dass das Innere des Bootes auf Kühlschranktemperatur heruntergekühlt wird. Die Bestuhlung ist jedoch schon ein bisschen eng. Sie ist eher für schlanke Asiaten als für ausgewachsene Europäer zugeschnitten. So ist das Sitzen und teilweise Schlafen nur in einer eher merkwürdigen Haltung für mich möglich. Doch so ist es eben in diesen öffentlichen Verkehrsmitteln! An der Bootsanlegestelle werden die Passagiere wiederum von einer äusserst aggressiven Meute von Schleppern, Motorrad- und Taxifahrern empfangen. Zuerst versperren die Typen den Ausgang, danach verfolgen sie die potenziellen Kunden über den ganzen Steg. Das ist wiederum echt mühsam, weil ich bei jedem Schritt aufpassen muss, dass ich die aufdringlichen, meist kleingewachsenen Fliegengewichte nicht über den Haufen renne. Schlussendlich geht dann ein Fahrer auf meinen Wunsch ein, mich einfach ein paar hundert Meter weiter an die Flusspromenade zu bringen. Dort sollen sich gemäss meinem Reiseführer-Buch einige Hotels befinden, die meinem Budget entsprechen. Das Erste ist jedoch nichts Besonderes, das zweite, das mir dann der Fahrer vorschlägt, ist aber ziemlich OK. Ich bin mir sicher, dass ich die herausragenden Sehenswürdigkeiten in Kambodscha schon gesehen habe und will darum nicht mehr viel länger in diesem schönen und friedlichen Land bleiben. Ein zusätzlicher Sightseeingtag in Phnom Penh und Umgebung sollte eigentlich noch genügen. So lasse ich mich von meinem Fahrer am Nachmittag zuerst ins Büro der Bangkok Airways bringen, wo ich ein weiteres Mal einen Flug um zwei Tage vor verschieben. Anschliessend mache ich noch eine kleine Rundfahrt durch die Stadt. Die vielen Bettler an allen Strassenecken und vor den Restaurants machen mir jedoch zu schaffen. Überall und immer wieder betteln verstümmelte, meist männliche Minenopfer. Du siehst jedoch auch viele Frauen und Kinder, die zugegebenermassen ein sehr trauriges Dasein haben, beim Betteln. Das geht mir vor allem, wenn ich in einem Restaurant sitze und ein gutes Essen verdaue, schon unter die Haut! Und von diesen armen Leuten scheint es in dieser Millionenstadt wirklich extrem viele zu geben. Vielleicht muss ich das aber auch ein bisschen relativieren. Es liegt nämlich in der Natur der Sache, dass sich die Bettler dort versammeln, wo es etwas zu holen gibt. Und das ist eben an den Orten, wo sich die Touristen befinden. Zum Nachtessen bin ich in einem Restaurant, wo ein kambodschanisches Girl namens Samphors (die Ehrliche), serviert. Sie hat mir fast ihr ganzes Leben erzählt und meinem Ego, wie es mir schon so oft in Asien geschehen ist, geschmeichelt. Auch sie sagt mir, wie „handsome“ ich sei… Ich mache mir daraus natürlich nicht allzu viel, denn ich weiss sehr wohl, dass ich solche Komplimente nur wegen meiner hellen Haut, der grossen Nase und den Haaren auf den Armen bekomme. Und überdies sagt sie das sicherlich fast allen Touristen. Doch ehrlich gesagt, es tut schon gut!
Dienstag, 2. Dezember Am heutigen Tag ist Sightseeing angesagt. Um acht Uhr stehe ich also schon vor den Toren des Königspalastes mit der geschichtsträchtigen Silberpagode und bin dort der erste Kunde. Ich werde einmal mehr wie eine Weihnachtsgans ausgenommen: Neben dem Eintritt habe ich auch eine saftige Gebühr für die Videokamera zu bezahlen, obwohl ich wie so oft in den meisten Gebäuden keine Innenaufnahmen machen darf. Es ist natürlich schon sehr beeindruckend, den Prunk eines solchen Komplexes mit verschiedenen Pagoden, Thronsälen und Ausstellungen zu sehen. Der Kontrast zu der Aussenwelt auf der anderen Seite der Abgrenzungsmauern ist wahnsinnig. Doch das muss wahrscheinlich so sein, dass der König, obwohl in diesem Land praktisch ohne Macht, in extremem Luxus lebt, und bei seinem Volk so viele Grundbedürfnisse ungestillt bleiben. Einer der Gründe dieses Nachholbedarfes habe ich auf der zweiten Station des heutigen Tages gesehen. Nach einer abenteuerlichen Fahrt durch den Moloch Phnom Penh und danach auf einer löchrigen Naturstrasse, wo der Staub so dicht wie der Novembernebel in London ist, hat mich mein Motorradfahrer an einen Ort inmitten von idyllischen Reisfeldern gefahren. Dort sind die so genannten Killing Fields, wo an die 20’000 Menschen vom Pol Pot-Regime Anfang der siebziger Jahre umgebracht wurden. Diese Massengräber, in einer eigentlich so friedlichen Gegend zu sehen, ist enorm bedrückend. Es wird jedoch noch schlimmer. Denn am Nachmittag besuche ich das S21-Gefängnis in der Stadt. In der umgebauten Schule kann ich die grässlichsten Zeugnisse dieses sinnlosen Schreckensregimes, das über Jahre die gesamte kambodschanische Bevölkerung terrorisierte, sehen. Es scheint, dass die Brutalität der Methoden, die hier angewendet wurden, denjenigen der Hitlerzeit in nichts nachstanden. Im Gegenteil!
Abschied von Kambodscha
Tag, Mittwoch, 3. Dezember
Wiederum heisst es für mich Abschied nehmen von einem Land, das ich vom ersten Tag an in mein Herz geschlossen habe. Nun ja, das habe ich mit anderen Travellern schon mehrere Male durchdiskutiert: Man könnte überall länger bleiben! Es wäre ein Leichtes, die Aufenthalte überall mit diversen Ausflügen und Visiten in weitere Gegenden zu bereichern. Aber da es überall auf der Welt so viele schöne, beeindruckende Orte zu bestaunen gibt, bin ich froh, mit meinem ungefähren „Fahrplan“ ein Hilfsmittel zur Reiseorganisation zu haben. Leider habe ich nicht besonders gut geschlafen. Ich bin nämlich mitten in der Nacht mit fürchterlichem Durchfall aufgewacht. Jetzt hat es mich doch noch erwischt! Wahrscheinlich ist der Auslöser das Abendessen gewesen. Oder war es irgend eine Verunreinigung beim Zähneputzen oder dieses oder jenes… Oder habe ich ganz einfach einen Sonnenstich und habe zu wenig Wasser getrunken? Meinen Hut habe ich nämlich gestern, warum auch immer, nicht auf meine kahle Birne gesetzt! So fühle ich mich am Morgen schwach, mies und äusserst schlecht. Ich bin das letzte Mal mit meinem Fahrer auf dem Motorrad, das Gepäck hat er zwischen die Lenkstange und den Sitz gezwängt, zum Flughafen gefahren. Wie so oft steht dort ein modernes Gebäude in purem Kontrast zum Rest des Landes. Für mich war dieses einfache Land auf jeden Fall auf seine eigene, beschauliche Weise ausser-gewöhnlich schön!
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