- Erste Destination in Indonesien ist Denpasar, auf der Insel Bali
- Schon geht es nach Sulawesi, nach Ujung Pandang, (Anmerkung, heute heisst es Makassar)
- Mit Fabien fahre ich einen Tag den Stromleitungen nach
- von Raha geht es zurück nach Kendari
- Weiter, respektive zurück nach Udjung Pandang
- im Bus nach Rantepao
- Die Felsengräber der Tana Toraja
- Mit meine Guide, Ayub entdecke ich die Gegend
- Von Udjung Pandang nach Manado, auf die Insel Bunaken
- Ein Reisetag von Bunaken nach Manado nach Bitung nach Batuputih (Tangkoko Nationalpark)
- Nach Manado und weiter nach Mataran, nach Udjung Pandang, nach Denpasar auf Bali
- Es geht nach Maumere auf Nusa Tenggara und weiter nach Flores
- Wiedersehen mit dem Vulkan Kelimutu
- Es geht auf die Komodo-Inseln
- Zurück nach Bali
- Nach Lombok und weiter auf die kleine Insel Gili-Trawangan
- Zurück nach Bali
Erste Destination in Indonesien ist Denpasar, auf der Insel Bali
Freitag, 8. August Der Startschuss für mein Indonesienabenteuer beginnt kurz vor sechs Uhr. Meine drei Zimmergenossen, welche unruhig vor sich hindösen, mich aber noch nie gesehen haben, geben komische Laute von sich. Was die wohl von mir denken? Packen, Bettzeug abgeben und in die Busstation um die Ecke hetzen.
Der Airportbus macht noch einige Stopps, um weitere Passagiere aufzunehmen, bis er endlich Richtung Flughafen fährt. Die kleinen asiatischen Flight Attendants der „Garuda Indonesia“, welche mich nach Denpasar in Bali fliegt, infizieren mich innerhalb kürzester Zeit mit dem „Asienfieber“! Dieses wird heute Abend noch voll in mir aufflammen. Doch zuerst gilt es, den Aufenthalt in diesem doch so riesigen Land mit den vielen Inseln und den teilweise schlecht ausgebauten Verbindungen sinnvoll zu organisieren. Im „In Flight Magazin“ des Flugzeugs lese ich einen Artikel über den Norden von Sulawesi, was mich wirklich im letzten Moment noch überzeugt hat, auch in dieses Gebiet zu reisen. Doch dazu werde ich sicherlich in den nächsten Tagen und Wochen genaueres berichten. Am Flughafen steigen dann alle Touristen zielstrebig in ein Taxi ein, um in ihr vor gebuchtes Hotel zu fahren. Ich aber suche als Erstes die Garuda- und Merpati-Büros auf, um meinen Aufenthalt in diesem Land mit diversen Flügen einmal grob „abzustecken“. Dieses Unterfangen ist jedoch nicht so leicht, da ich die staatlichen Garuda-Flüge mit denen ihrer Tochter Merpati abstimmen und dafür sieben Mal den Schalter mitsamt Gepäck wechseln muss, bis ich alles unter Dach und Fach habe.
Ja, wie kann das denn so kompliziert sein? Die Gesellschaften haben sich die Destinationen untereinander aufgeteilt. Sie bedienen die einzelnen Strecke aber nur unregelmässig. Zudem gibt es auch zeitmässig Angleichungen zu berücksichtigen. Ich muss sogar einen der vielen Flüge in der Businessclass buchen, weil am entsprechenden Tag nichts anderes mehr zur Verfügung steht. Teilweise muss ich eine Flugbestätigung von einem anderen Verkaufsbüro abwarten, weil nicht alles von Denpasar aus arrangiert werden kann. Zu guter Letzt bin ich gezwungen einen bereits gebuchten Flug nochmals um einen Tag verschieben zu lassen, da er mit dem Flieger der anderen Airline besser korrespondiert. Nach dieser anstrengenden Abklärung und dem nicht enden wollenden Hin und Her habe ich sieben Flugtickets in der Tasche und weiss nun ungefähr, wo ich während den nächsten drei Wochen herumreisen werde. Aus meinem Reiseführer suche ich dann irgendeinen Hotelnamen aus und fahre per Taxi dorthin. Nach dem Einchecken gehe ich zu Fuss auf Entdeckungsreise von Legian nach Kuta. Während diesem über zwei Stunden dauernden Spaziergang sehe ich endlos viele Läden, Restaurants und Bars. Am Abend aber wird sich herausstellen, dass die Hälfte aller Lokale gähnend leer sind. Es gibt kaum Touristen hier. Den Grund habe ich an der Legianroad gesehen; der Ort des Bomben-attentates, wo über 200 Menschen am 12. Oktober 2002 ihr Leben lassen mussten, ist zu einer Gedenkstätte geworden. Hier halte ich ziemlich lange inne und mache mir viele Gedanken über die Welt und ihre vielen Ungerechtigkeiten.
Samstag, 9. August Nach dem bescheidenen Frühstück werde ich um halb neun von einem Minibuschauffeur für eine Tour über die Insel abgeholt. Da zwei weitere Touristen diesen Ausflug kurzfristig annulliert haben, bin ich den ganzen Tag alleine mit dem Fahrer unterwegs. Das ist natürlich super für mich, zeigt aber nochmals die miserable touristische Situation auf Bali. Ich kann ausserplanmässig einen Zwischenhalt im Dorf der Barongtanz-Aufführungen einlegen. Die Vorstellung ist wirklich ausser-gewöhnlich gut und gibt mir einen ersten Einblick in die balinesische Kultur. Nach Stopps in einer Silberschmuckfabrik und einer Holz-schnitzerei fahren wir, unterbrochen durch diverse Fotostopps, zum Fledermaustempel. Später gibt es einen obligatorischen Mittagshalt in einem Restaurant im bergigen Hinterland. Am Nachmittag besuchen wir den Tempel in Besakhi. Vor dem letzten, steilen Aufstieg zum Heiligtum chartere ich einen der vielen so genannten Führer mit einem Motorrad. Er vermittelt mir sein Wissen im insgesamt über vierzig kleine Tempel zählenden Komplex und führt mich durch das Labyrinth von unzähligen Türmen und Toren. Am Abend spaziere ich nur ganz kurz durch die Legian Street. Denn ich werde schnell müde, alle zehn Schritte mit den gleichen Phrasen angequatscht zu werden; „You need transport? You want Marihuana?“ Oder mit der zweiten Variante, welche auch mit „you need transport“ beginnt, doch sogleich auf mich als allein promenierenden Mann zugeschnitten, weitergeführt wird: „You want women?“ You want young lady? I have many young ladies!“ Und dies immer und immer wieder!
Schon geht es nach Sulawesi, nach Ujung Pandang, (Anmerkung, heute heisst es Makassar)
Sonntag, 10. August Auch heute kann ich den erst kürzlich gekauften Wecker amortisieren. Er holt mich um halb sieben aus den Federn, da der der Transfer nach Sulawesi auf dem Programm steht. In der Hauptstadt, Udjung Pandang, wo ich einen drei Stunden dauernden Aufenthalt bis zum Weiterflug nach Kendari habe, werde ich von einem jungen Mann angesprochen, der sich als Travel Agent ausgibt. Da er recht gut englisch spricht und einen kompetenten Eindruck macht, folge ich ihm in sein Büro. Dort berät er mich ausführlich, wie ich meinen geplanten Aufenthalt im Toraja Land gestalten könnte. Obwohl er natürlich für seine Tour, die Hotels, Guides, Trekkings, Zeremonien und Transfers beinhaltet einen stolzen Preis verlangt, sage ich nach den teils lustigen Preisverhandlungen zu. Nun komme ich aber wieder zurück zu meinem Ausflug nach Kendari. Im Flugzeug, das etwa siebzig Passagiere transportiert, bin ich schon einmal der einzige „Touri“. Was das für mich heisst, kann ich am Nachmittag dann in Kendari erleben. Da habe ich nämlich ein Speed Boat Ticket nach BauBau, das sich am südöstlichen Zipfel von Sulawesi befindet, besorgt. Auf meinem Spaziergang in der Hafengegend werde ich, wirklich nicht übertrieben, über hundert Mal mit „Hello Mister“ angesprochen. Ist ja klar, denn diese Gegend ist alles andere als touristisch. Hier gibt es weit und breit keinen Menschen meiner Hautfarbe. Ich komme mir wie ein Ausserirdischer vor. Das aber hat genau den Charme meines ersten Tages auf Sulawesi ausgemacht. Plötzlich ist für die etwa 500 Zuschauer eines Fussballspieles zweier Juniorenmannschaften nicht mehr der Match das Wichtigste. Jeder Anwesende, der es irgendwie wagt, schielt zu mir, dem einzigen Aus-länder auf dem Platz, herüber! Ich merke wie ich auf einmal in dutzenden von Gesprächen die Hauptrolle spiele. Auch im Hotel, wo ich auf der Terrasse meiner „VIP-Suite“, (inklusive eigenem Mandi und Fernseher, jedoch ohne klaren Programmempfang…) mein Tagebuch schreibe, werde ich wie ein König behandelt. Nochmals, es ist unglaublich wie freundlich, hilfsbereit und auch interessiert die Leute hier sind. Schon jetzt glaube ich sagen zu können, dass der Abstecher in dieses wunderschöne Land eine richtige Entscheidung war. Hier noch eine Erklärung zum Mandi. Das Mandi ist ein grosses Steinbecken im Badezimmer, wo du mit einer kleinen Plastikschüssel kaltes Wasser schöpfen und dieses als Dusche literweise über deinen Körper giessen kannst. Andere Länder – andere Sitten! Manchmal brauchst du ein bisschen Überwindung, doch bringt es jedes Mal eine willkommene Erfrischung!
Mit einem Schnellboot nach BauBau
Montag, 11. August Das spärliche Frühstück wird auf der Terrasse serviert. Von hier habe ich einen schönen Ausblick auf die mit Schiffen übersäte Meeresbucht. Danach begebe ich mich mit Sack und Pack zum Hafen, wo ich den „Superjet“, das komfortable Schnellboot, nehme. Dort heisst es während der vier Stunden an Bord lesen, schreiben und einfach nichts tun. Auch auf dieser Überfahrt nach BauBau bin ich, mit Ausnahme eines Mannes, der jedoch zusammen mit einem Indonesier reist und, wie es aussieht, etwas Geschäftliches zu erledigen hat, der einzige Weisse an Bord. Am Zielort setze ich mich sofort in ein Taxi und lasse mich zu einem zufällig ausgesuchten Hotel chauffieren. Dieses ist dann „so la la“, aber es scheint, dass es in dieser Stadt, obwohl sie recht gross ist, keine übermässige Hotelauswahl gibt. Zu meiner Überraschung ist der Europäer vom Boot auch in diesem Hotel. Wir haben uns kurzerhand fürs Abendessen verabredet. Der Nachmittag beginnt nicht so verheissungsvoll wie ich mir das vorgestellt habe. Ich will einen Wasserfall besichtigen, kann aber mein Ziel bei den herumstehenden Taxichauffeuren mangels Sprach-kenntnissen nicht richtig rüberbringen. Einer der Taxifahrer wirkt jedoch ziemlich vertrauensvoll, so dass ich „auf gut Glück“ in seinen Wagen steige. Der Fahrer führt mich aber in eine Wasserverteilstation! Dort gibt es, neben über einem Dutzend Angestellten, die ausser Zeitungen lesen und rauchen nicht viel machen, auch einen Mann, der sehr gut Englisch spricht. So kann ich meine Wünsche anbringen und werde danach auch an den vorgesehenen Ort geführt. Es ist jedoch eine einzige Enttäuschung, da auch hier, wie schon in Australien, die Flüsse und Bäche fast vollständig ausgetrocknet sind. Der Taxichauffeur lässt mich nicht aus den Augen und begleitet mich auf meinem halbstündigen Spaziergang, um sicher zu gehen, dass ich wieder mit ihm in die Stadt zurückfahre. Auf halbem Weg lasse ich mich dann jedoch in einem einfachen, gottverlassenen Dorf ausladen und verbringe dort eine sensationelle Zeit mit der ganzen Dorfbevölkerung. Alle wollen gefilmt werden und haben dabei grosse Freude. Die Leute sind auch äusserst freundlich und bedanken sich immer wieder dafür, dass ich sie aufnehme und ihnen später die Szenen auf dem kleinen Bildschirm vorführe. Ich zeige überdies die Passfotos von Nicole und den Kindern, die bestens ankommen. „Bagus, Bagus“ (Schön! Gut!) höre ich immer und immer wieder. Frauen mit langen blonden Haaren und weissehäutigen Kinder kommen hier gut an! Später fahre ich mit Bus und Taxi an einen, laut Reiseführer, Traumstrand. Doch auch dieses Ausflugsziel ist schon eher erbärmlich und hätte mich aufs Äusserste enttäuscht, wäre ich nicht von drei, vier Jugendlichen angesprochen worden. Sie fragen mich ganz verwundert, was ich denn hier mache und woher ich komme. Wir führen eine lange und lustige Unterhaltung. Auch hier bin ich eine Attraktion und mir wird wieder bewusst, dass die Menschen mich in diesen abgelegenen Gegenden (wie ich sie ja auch), exotisch finden. Ja, welcher Stolz überkommt mich, als sie von meinen runden Augen, der grossen Nase und der hellen Haut schwärmen. Aber, ist es nicht immer so, dass man das bewundert, was man nicht hat? Mit Fabien, dem grossen Belgier mit Pferdeschwanz und Strubbelbart, gehe ich wie geplant zum Abendessen. Zu Fisch und Reis haben wir drei, vier oder vielleicht auch mehr Bierchen geleert und kehren erst gegen Mitternacht ins Hotel zurück.
Mit Fabien fahre ich einen Tag den Stromleitungen nach
Dienstag, 12. August Und wieder kommt es anders als man denkt! Aber das muss wahrscheinlich einfach so sein, wenn man wie ich herumreist. Also, Fabien ist etwa drei Wochen in Süd-Sulawesi unterwegs und kontrolliert, als Projekt für die Regionalregierung, die elektrische Stark-stromversorgung. Er verfolgt alle Hauptstromleitungen in diesen Gebieten per Auto und protokolliert die Trafostationen, die dazwischenliegenden Distanzen und die Abzweigungen im gesamten Netz. Die Möglichkeit, einen Tag mit ihm auf die Piste zu gehen, habe ich mir natürlich nicht entgehen lassen. So bleibe ich einen Tag länger als geplant in BauBau. Und das habe ich keinen Augenblick bereut. Der Chauffeur des Belgiers fährt uns über achtzig Kilometer im Niemandsland herum. Dabei machen wir über sechzig Stopps. Es müssen die Angaben der Trafos aufgeschrieben, ein Foto von der Installation geschossen und die genauen Koordinaten per GPS notiert werden. Während dieser Zeit geniesse ich jeweils die Landschaft, die zahllosen Dörfer und die herzlichen Einwohner in vollen Zügen. Das ist ein super Erlebnis. Nach dem Abendessen, das mangels Alternativen exakt dem Gestrigen gleicht, zeigt mir Fabien noch, wie er allabendlich die Tagesarbeit inklusive der aufgenommenen GPS-Datenpunkte auf seinem Laptop verarbeitet.
Mittwoch, 13. August Ich habe am Morgen noch Zeit, mir die Stadt und diverse Manifestationen, die wegen dem indonesischen Nationalfeiertag stattfinden, anzuschauen. Ich spaziere durch die überbevölkerten Strassen, um zu filmen und die Menschen zu beobachten. In Wahrheit bin aber ich derjenige, der von Hunderten von Schaulustigen beobachtet und von Dutzenden mit „Hello Mister“ angesprochen wird. Ein Schüler hat sich ein Herz genommen und eine Konversation mit mir begonnen. Diese Leute begründen jeweils Ihre Fragen mit ihrem Willen und der Lust, die englische Sprache zu praktizieren. Diese Gespräche dauern dann jeweils zwei bis drei Minuten, einfach so lange, bis ihr Grundwortschatz mit den Standartsätzen aufgebraucht ist. Ich lasse mich von einem Becakfahrer (ein Becak ist eine Art Fahrrad, das vorne zwischen zwei Rädern einen Sitz für eine, respektive zwei schmale Personen hat) zum Hafen führen. Von da nehme ich das Schnellboot „La Bomba“ nach Raha. Obwohl das Schiff über eine Stunde Verspätung hat, macht mir das überhaupt nichts aus. Werde ich immer cooler oder ist es, weil ich in den Ferien einfach mehr Zeit habe? Im Schiff, in der teureren VIP-Abteilung lese ich noch einige gescheite Sprüche und notiere diese auch sofort in meinem Manuskript:
- Opportunities: The future belongs to those who see possibilities before they become obvious.
- Faith: You can do much with a little faith… but you can do nothing without it. (Dazu das Bild einer Frau, die einen riesigen Stein stützt und so sein Wegrollen verhindert)
- Success: Develop a reputation for yourself, by giving your best shot in everything that you do. Reputation breeds success. (Illustriert durch vier Golfbälle in einem Loch)
In Raha sind die ersten zwei Hotels ausgebucht, da hier zurzeit eine Art Firmenseminar stattfindet. Doch am dritten Ort werde ich dann fündig und richte mich gemütlich ein. Am Nachmittag hole ich mir während einem Spaziergang nochmals zwei Stunden „Hello Mister“ und am Abend meinen fast schon obligatorischen Fisch mit Reis.
von Raha geht es zurück nach Kendari
Donnerstag, 14. August Ich sollte unbedingt die indonesischen Zahlen besser lernen. Denn der Hotelmanager hat mir angeboten, mich an eine Lagune namens Napabale zu fahren. Da ich sein Angebot falsch verstanden habe, werde ich für die dreissig Kilometer lange Fahrt mit umgerechnet etwa zehn Franken mehr geschröpft als ich angenommen hatte. Es gibt aber wirklich Schlimmeres! Bei der Rückfahrt habe ich mich ein paar Kilometer vor Raha absetzen lassen, um zu Fuss die Dorfbewohner nochmals zu geniessen (oder eben mich von den Leuten geniessen zu lassen…) Schon nach kurzer Zeit werde ich von einem Englischlehrer angesprochen und zu sich nach Hause eingeladen. Dort lässt er für mich frische Kokosnüsse durch junge Burschen von den höchsten Palmen pflücken. Nach einer Stunde Smalltalk hat er mich auf seiner Vespa in die Stadt gebracht. Zum Mittagessen kann ich ihn zu einem weiteren Fisch mit Reis überreden, bevor er mich ins Hotel zurückbringt. Die neue Hose, welche ich gestern gekauft habe, und heute bei einem Schneider noch in der Länge und im Bund anpassen liess, packe ich noch mit dem Rest ein und fahre wieder mit dem Schnellboot „La Bomba“ nach Kendari zurück. Im Fernsehen läuft ein Arnold Schwarzenegger-Film. Aber an der Stelle, wo die Hauptdarstellerin einen Beinahe-Stripp hinlegen sollte, wird die DVD schnell nach vorne gespult, damit nichts Unzüchtiges öffentlich gesendet wird. In dieser Region sind schliesslich die Muslime in der Überzahl!
Weiter, respektive zurück nach Udjung Pandang
Freitag, 15. August Die ersten zwei Stunden des heutigen Reisetages verbringe ich nochmals in der Hafengegend mit Filmen und Herumhängen. Danach wird es Zeit, das Hotel zu verlassen und zum Flughafen, der sich eine halbe Stunde Autofahrt von der Stadt entfernt befindet, zu begeben. Am Hoteleingang steht zufälligerweise ein Repräsentant von „Pelita Air“, einer staatliche Fluggesellschaft, der mir eine Mitfahrgelegenheit anbietet, die ich auch dankend annehme. Nach langem Warten fahren wir los. Jedoch nur bis in die Stadt, da er dort noch weitere Passagiere mitnehmen will. Ich werde langsam ungeduldig, da mir die Zeit davonläuft. Endlich geht es weiter, doch nur bis zu einem anderen Hotel. Ich beginne jede Minute zu zählen. Ich komme mir wie ein Athlet vor, der auf den Startschuss eines Wettlaufes wartet. Ich drohe zum weiderholten mal, ein offizielles Taxi zu nehmen. Auf ein Mal geht es vorwärts. Aber richtig! Einiges schneller, als es die Polizei erlaubt, jagen wir zum Flughafen. Dort angekommen, spurte ich durch die Gepäckkontrolle und muss eine halbe Stunde vor Abflug feststellen, dass der Check-in-Schalter schon geschlossen ist. Ich kann jedoch glücklicherweise noch jemanden finden, der mir trotzdem noch einen unbeschriebenen Boarding-Pass gibt und das Gepäck übernimmt. Ich renne wie von Furien gehetzt durch den Schalter wo ich die Flughafengebühr bezahle und eile im Schnellzugstempo durch eine weitere Handgepäckkontrolle. Dann durch die Boardinghalle (soweit man die spartanisch eingerichtete Ruine so nennen kann) und durch eine Glastür, die zum Glück nicht verschlossen ist, auf die Startbahn. Dort stehen nur zwei Flugzeuge. Ich besteige als letzter Fluggast die „Merpati“ und schon fliegen wir weg: zwanzig Minuten vor der geplanten Abflugszeit! Was nehme ich von diesem Erlebnis wohl mit? Gehe immer früh genug zum Flughafen! In Udjung Pandang, auch Makassar genannt, treffe ich den Typ vom Reiseveranstalter wieder. Nach kurzer Besprechung bin ich einverstanden, einen meiner Flüge nochmals zu ändern, um mir damit etwa zwanzig Stunden Busfahrt zu ersparen. So werde ich meinen Aufenthalt im „Tana Toradja“ um einen Tag verlängern können und dann per Bus wieder nach Makassar zurückkehren. Bei meinem Nachmittagsspaziergang an der Uferpromenade der Hauptstadt werde ich von einem Becak-Fahrer angesprochen. Auch er will sein dürftiges Englisch verbessern. Ich habe aber keine Lust, mich vom zugegebener-massen freundlichen Jüngling herumfahren zu lassen. Meine Absage an seinen Service nimmt er gelassen hin und folgt mir, sein Gefährt vor sich hin stossend, fast zwei Stunden lang auf Schritt und Tritt. Nach dem Abendessen in der Stadt kehre ich in mein schönes Viersternehotel zurück, wo ich an der Bar noch ein paar Leute antreffe, die zusammen in der gleichen Firma arbeiten. Erst nach einiger Zeit, als sie sich am Mikrofon des Pianospielers abwechseln, merke ich, dass sie ihrem Hobby, dem Karaokesingen, hingeben. Es scheint „in“ zu sein, sich und seine Stimme in öffentlichen Lokalen zu präsentieren. Diese Möchtegern-Stars machen das zudem sehr gut. Sie schaffen es aber nicht, mich aus der Reserve zu locken so dass ich auch ein Liedchen vortragen würde. Da bin ich eben doch noch ein bisschen zu scheu….
im Bus nach Rantepao
Samstag, 16. August Vom Tag im Bus nach Rantepao, ins Zentrum von Sulawesi, gibt es eigentlich nicht viel zu erzählen. Die schöne und abwechslungsreiche Landschaft flitzt während neun Stunden an meinem Fenster vorbei. Reisfelder werden, je länger die Fahrt dauert, von stattlichen Bergketten abgelöst, bis wir endlich lange nach Sonnenuntergang in einem verlassenen Hotel ankommen. Würden dort nicht ein paar Angestellte gelangweilt herumstehen, wäre ich die einzige verlorene Seele an diesem eigentlich ganz schönen Ort gewesen.
Die Felsengräber der Tana Toraja
Sonntag, 17. August Um es vorweg zu nehmen; heute habe ich überhaupt nichts vom indonesischen Nationalfeiertag gespürt. Wahrscheinlich haben die Leute ihr festliches Pulver schon während den letzten Wochen bei den zahlreichen Vorbereitungen verschossen. Den ganzen Tag hat mich Ayub, mein persönlicher Guide für die nächsten vier Tage, an verschiedene Orte im Süden von Rantepao gebracht. Genauer gesagt hat er noch einen Fahrer dabei, der uns in der Umgebung herumchauffiert. Ich sehe natürlich viele dieser typischen Toraja-Häuser mit den büffelhornähnlichen Dächern. Es dreht sich auch sehr viel um die Gräber der reichen Toraja, welche sich in Felsnischen, Höhlen oder unter Felsvorsprüngen befinden. Die Hingeschiedenen werden durch sogenannte „Tao Tao“, das sind bemalte Holzpuppen, die vor den Gräbern aufgestellt sind, repräsentiert. Ich sehe ganze „Puppenhäuser“ vor den Gräbern oder an den Felsen hängen. Leider beginnt es gegen Mittag heftig zu regnen. Am Nachmittag schliesst Petrus dann die Schleusen wieder, doch der Himmel wird nicht mehr vom grauen Wolkenschleier befreit, was natürlich für gute, perfekt ausgelichtete Videoaufnahmen nicht besonders förderlich ist. Zum Glück esse ich Reis so gerne. Denn heute habe ich mittags und abends dieses indonesische Hauptgericht verspeist. Auf jeden Fall hoffe ich, dass ich während meinem Sabbatical hier in Asien keine Schlitzaugen bekomme! Die „Arbeit“ an meinem Palm und der zusammenklappbaren Tastatur macht mir enormen Spass. Ich bin heilfroh, dass ich diese Anschaffung noch kurz vor meiner Abreise gemacht habe. Ich kann an diesem kleinen Computer ideal verweilen und hoffe, dass ich es schaffe, einen aussagekräften Bericht über mein Projekt „Sabbatical“ zu schreiben.
Mit meine Guide, Ayub entdecke ich die Gegend
Montag, 18. August Auch heute, an einem wiederum feuchten und wolkenverhangenen Tag, werde ich von Ayub und seinem Fahrer abgeholt. Wir statten als Erstes dem farbenfrohen Markt im nahen Rantepao einen Besuch ab. Da muss ich als Tourist, wie bei allen Attraktionen in der Gegend, zehntausend Rupien Eintritt bezahlen. Die nehmen es wirklich von den Lebenden! Aber daran habe ich mich noch ziemlich schnell gewöhnt. Das muss wohl einfach so sein! Die meiste Zeit verbringe ich bei den auf Bambustragen zusammengeschnürten, unbeweglichen Schweinen. Da liegen sie nun, diese armen Viecher. Sie sind in Reih und Glied aus-gestellt und warten auf ihre Käufer, welche sie an einer Bestattungszeremonie als Leichenmahl verspeisen werden. Das angstvolle Gegrunze und Gequietsche geht mir durch Mark und Bein. Ich schrecke auch vor der Abteilung „Büffel als Opfergabe oder Arbeitstier“ nicht zurück. Hier sehe ich, wie Millionen von Rupien beim Verkauf den Besitzer wechseln. Das ist wirklich eindrucksvoll. Nach dem Besuch beim Waren- und Esswarenmarkt sind wir wieder in die Aussenbezirke Rantepaos gefahren. Dort besuchen wir ein weiteres, hübsch geschmücktes, typisches Dorf mit dutzenden von Häusern, die mit Büffelhorndächern gedeckt sind. Als weitere Attraktion fahren sie mich auf einen Berg, wo man eine wunderschöne Aussicht haben sollte. Doch wegen den dunklen, tief hängenden Schlechtwetterwolken kann ich mir einige schöne Ausblicke auf fluoreszensgrüne Reisfelder leider nur vorstellen.
Dienstag, 19. August Obwohl ich das Fahren mit Motorrädern überhaupt nicht liebe, vielmehr habe ich eigentlich Angst davor, hat es sich ergeben, dass mich heute Ayub mit einem solchen Gefährt abholt. Wir fahren zuerst in die Stadt, um dort die Einkäufe für unsere zweitägige Trekkingtour zu tätigen. Danach chartern wir nochmals je eines dieser abenteuer-lichen Motorräder. Wir sind gezwungen zwei dieser Knatterkisten zu nehmen, da das Gelände auf den ersten Kilometern sehr unwegbar und eher unattraktiv zum Wandern ist. Die Fahrer bringen uns irgendwo ins Land hinein, wo unsere Trekkingtour beginnen sollte. Da heute das Wetter um einiges besser und die Temperaturen dadurch auch wärmer sind, rinnen mir die Schweissbäche bald den ganzen Körper hinunter. Dafür ist unsere Tour höchst spannend. Sie führt uns durch Reisfelder und an typischen Kleinstsiedlungen vorbei. Es ist für mich faszinierend zu sehen, dass auch im tiefen Hinterland sehr viele dieser einmaligen Toraja-Häuser stehen, neue gebaut oder alte in mühsamer Handarbeit renoviert werden. Für das Mittagessen grillen wir zwei riesige Fische über einem Feuer. Die frischen Tiere, die nach dem Kauf am Morgen im Plastiksack einfach erstickt waren, schmecken jedoch köstlich. Zusammen mit vor-gekochtem Reis (was sonst!) geniesse ich einmal mehr mein Standard-menü. Nach einer insgesamt fast sechs Stunden langen Wanderung kommen wir inmitten eines steilen Reisfeldes in einem Weiler an, wo wir bei einer Familie übernachten können. Im äusserst einfachen Mandi-Badezimmer, welches halb am Haus angebaut und halb auf dem offenen Feld steht, kann ich endlich den Schweiss des Tages abspülen. Dass dies wegen des kalten Quellwassers äusserst erfrischend ist, muss ich wohl nicht erwähnen. Obwohl in Indonesien auf dem Land die sanitären Einrichtungen meist sehr einfach sind, tue ich mir diese Kälteschocks, wenn möglich mehr als einmal täglich, an. Ich nehme es nämlich mit der Hygiene, so gut es geht, sehr genau. Denn je einfacher die Transportmittel, die Einrichtungen in den Zimmern und an den öffentlichen Orten sind, desto mehr versuche ich mich zu waschen, um nicht irgendeine unangenehme Krankheit zu bekommen. Ayub hat zusammen mit der Familie eine Toraja-Spezialität über dem offenen Feuer gekocht. „Pa Piong“ heisst dieses Festessen! Dazu werden Bananenbaumäste und Kokosnüsse in einem einfachen Holzgeschirr zermahlen. Zusammen mit vielen undefinierbaren Gewürzen und einigen dürren Pouletstückchen werden diese Zutaten in ein dickes Bambusrohr gedrückt und dann über dem Feuer gegart. Diesen Schmaus verspeisen wir, auf dem Küchenboden sitzend, mit Genuss. Die Knorpel und Knochen können wir einfach auf den Boden werfen, da sich die Katzen sofort darauf stürzen und auch die kleinsten Resten verschlingen. Kurze Zeit später verziehe ich mich ins Bett und möchte dort eigentlich noch ein bisschen lesen. Doch nur wenige Minuten nachdem ich mich in mein Gästezimmer verzogen habe, wird der Generator abgestellt, der uns den ganzen Abend mit Elektrizität versorgt hat. Um zwei Uhr bin ich, da irgendein Hahn einen „Wackelkontakt“ hat und sich im Kikkeriki-Schreien um drei Stunden vertan hat, viel zu früh erwacht. Bevor ich wieder einschlafen kann, denke ich, nicht das erste Mal in diesen Ferien, über meine Arbeit nach. Oder träume ich davon? Auf jeden Fall stört mich dies überhaupt nicht, da diese Gedanken trotz allem recht angenehm sind. Ich bin froh, dass ich zu Hause einen Job habe, der mir Freude macht und so nicht auf einem Reisfeld für drei Batzen arbeiten muss.
Mittwoch, 20. August Mit der Sonne stehe ich auf und bekomme schon bald die Resten vom gestrigen Abendessen als Frühstück auf dem Balkon serviert. Die schöne Aussicht auf die Reisfelder und die Alang, das sind die haushohen Reisspeicher, entschädigen für das Essen, das nicht mehr allzu gut schmeckt. Ein Europäer braucht einfach seine Zeit, bis er sich an Reis und Bananenbaumblätter zum Frühstück gewöhnt hat…! Uns steht der Abstieg durch die Reisfelder, eine halbstündige Fahrt mit einem Lastwagen und eine mit einem Bemo (kleiner Transportbus) bevor. Nach diesem Ausflug kann ich im Hotel einen Teil meiner Wanderausrüstung ablegen und die Zähne putzen. Zum Duschen oder Waschen gibt es leider zurzeit zu wenig Wasser. Für den Nachmittag hat Ayub nochmals ein Motorrad gemietet. Damit fahren wir in ein zwanzig Kilometer entferntes, auf einem Hügel gelegenes Toraja-Dorf, wo eine Begräbniszeremonie stattfindet. Da gibt es tausende von Gästen, welche mit mitgebrachten Büffeln und hunderten von Schweinen dem Verstorbenen ihren Respekt zollen. Die Teilnehmer folgen verschiedenen Ritualen, welche von einem Protokoll-führer, einer Art Conférencier, am Mikrofon kommentiert werden. Einige Familien schreiten in farbenprächtigen Gewändern über den Platz. Andere Gruppen schleppen quietschende Schweine heran oder singen Lieder zu Ehren des Hingeschiedenen. Zu guter Letzt begebe ich mich noch hinter den Hauptplatz, wo eine Bambusküche neben der anderen steht. Dort werden die Opferschweine mit einem Stich ins Herz getötet, ausgenommen und über dem Feuer enthaart. Das ist echt grässlich, umso mehr als noch alles nach totem Fleisch stinkt. So ist es mir eigentlich egal, dass ich die traditionelle Schlachtung der Büffel nicht gesehen habe. Dies wird erst am nächsten Tag über die Bühne gehen. Ich habe nämlich meine Ration Exotik schon zur Genüge bekommen. Am Abend haben wir, gerade nach dem Abendessen, das ich als einziger Gast in diesem Hotel eingenommen habe, einmal mehr eine Strompanne. Es ist schon ein komisches Hotel. Als ich ein Bier bestelle, müssen sie es erst im Dorf holen. Auch diese Orte leiden unter dem Mangel an Touristen, sonst wäre der Kühlschrank sicherlich gefüllt gewesen.
Donnerstag, 21. August Um sieben Uhr bin ich pünktlich bereit, um von Ayub und seinem Fahrer abgeholt zu werden. Ich bin seinem Vorschlag nachgekommen und fahre nun, einen kleinen Aufpreis bezahlend, mit ihm nach Makassar zurück. Wie ich es mittlerweile von den Indonesiern gewohnt bin, warte ich eine Dreiviertelstunde bis sie endlich kommen. Das ist eben Pünktlichkeit auf indonesische Art! Wir fahren mit verschiedenen Fotostopps in sieben Stunden nach Udjung Pandang zurück. Da das Auto keine Klimaanlage hat, wird die Fahrt am Nachmittag nicht nur wegen den riskanten Manövern sehr heiss. Wir fahren schliesslich von einem hoch gelegenen Platteau zurück auf Meereshöhe hinunter. Ich lasse mich wieder im Kenari Hotel ausladen. Dort spüle ich als Erstes einige der stinkenden Kleider kurz, ohne Waschpulver, im Lavabo aus. Normalerweise gebe ich diese Sachen in den Laundry-Service doch das Zeugs braucht dringend eine Grundreinigung. Den Rest des Abends verbringe ich Mails schreibend und im Internet surfend, gehe Souvenirs einkaufen und gönne mir ein Nudelgericht als Abendessen. Auf dem Heimweg werde ich nochmals als Fotomodell von jungen Frauen benützt. Da fühlst du dich wirklich komisch, wenn du von wildfremden Leuten einfach so für eine Fotosession angesprochen wirst.
Von Udjung Pandang nach Manado, auf die Insel Bunaken
Freitag, 22. August Den heutigen vollgepfropften Reisetag beginne ich um sechs Uhr. Da ich in diesem besseren Hotel einen Fernseher habe, profitiere ich natürlich schon am Morgen davon. Ich bin aber nicht schlecht erstaunt zu sehen, dass auf allen fünf Sendern die ich empfangen kann, je eine Sendung über den Islam gezeigt wird. Da predigen priesterähnliche Moderatoren einer Schar von Gläubigern den Islam. Ähnliche Sendungen habe ich schon gestern Abend um 19 Uhr gesehen. Nach dem Frühstück lasse ich mich per Taxi zum Flughafen bringen. Dieses Mal wirklich früh genug. Da alles gut klappt und keine Staus die Fahrt stören, muss ich über eineinhalb Stunden auf den Abflug nach Manado, im Norden von Sulawesi, warten. Ich nehme mir dort zuerst einmal genügend Zeit, um mich über die verworrene Hotelsituation zu informieren. Nachdem ich nach langem Suchen gehört habe, dass das Informationsbüro, welches in meinem Reiseführer als hervorragend angepriesen wurde leider nicht mehr existiert, lasse ich mich einfach wieder von einem jungen Mann über die Unterkunftsmöglichkeiten aufklären. Er kann mich überzeugen, dass ich in „sein“ Hotel auf der Insel Bunaken gehen soll, was sich als ideale Lösung herausstellt. So muss ich aber noch zwei Stunden auf ein weiteres Touristenpaar warten, das mit einem späteren Flug ankommend auch auf die Insel mitkommen will. Wir werden dann zusammen durch eine weitere, überbevölkerte Stadt an den Hafen gebracht und auf ein Schiff verfrachtet. Auch dort warten wir über eine Stunde auf weitere Passagiere. Schlussendlich können wir in einer ruhigen Fahrt auf die Insel Bunaken übersetzen und kommen dort zu unserer Überraschung im strömenden Regen an. Auch da ist meine Ge-duld nochmals gefragt, bis ich für die Zimmervergabe an der Reihe bin.
Das stundenlange Warten, es waren heute insgesamt etwa sieben Stunden, habe ich mit stoischer Ruhe über mich ergehen lassen. Ich habe mir ja vorgenommen, solche Dinge, die überdies noch in einer stressfreien Zeit vorkommen, so locker wie möglich anzugehen. Dies soll auch einem Teil meiner Erfahrung während meinem Sabbatical dienen. Solche Sachen, wie eben das Warten, sind ja leider meistens nicht zu ändern. Du musst nur die richtige Einstellung für solche Situationen haben. Dann sind scheinbar unerträgliche Dinge meistens nur halb so schlimm!
Samstag, 23. August In unserem Bungalow-Hotel gibt es fast ausschliesslich Touristen, die in diesem Nationalpark ihrem Hobby, dem Tauchen, nachgehen wollen. Ich kann mich als Schnorchler jedoch leicht an eine Fünfergruppe anhängen und um neun Uhr zum ersten Ausflug mit einem umge-bauten Fischerboot starten. Auf dem Weg zum ersten Tauchplatz kreuzen wir eine riesige Gruppe von Delfinen, die so nah an unser Boot kommen, dass man sie beinahe anfassen kann. Mit diesem einmaligen Erlebnis hat sich mein Trip hierher schon ausbezahlt! Doch es sollte noch besser kommen. Schon beim ersten Tauch- respektive Schnorchelgang habe ich eine unglaubliche Vielfalt von tropischen Fischen und bunte Meeresflora entdeckt, die die Faszination des Tauchens erahnen lässt. Auch am Nachmittag machen wir einen Ausflug zu einem der über fünfzig Tauchplätze, um dort die Unterwasserwelt zu bestaunen. Ich kann heute mein Zimmer, das sich am oberen Teil der Anlage befindet, mit einem kleinen Bungalow direkt am Strand tauschen. Der erste Raum war ziemlich dunkel, was mich vor allem im fensterlosen Mandibad ziemlich stört, umso mehr, da wir in diesem Hotel nur am frühen Abend Strom haben.
Sonntag, 24. August Am heutigen Tag war ich bereits drei Mal auf dem Boot und so an drei verschiedenen Orten je eine Stunde lang in der faszinierenden Unterwasserwelt schnorcheln. An diesen Ausflügen nehmen Taucher aus Deutschland, Österreich, Schweden, England und vor allem aus Australien und Italien teil. Ich bin der einzige Schweizer, der das Leben in dieser wundervollen maritimen Landschaft hier geniesst. Das Mittagessen können wir jeweils im Gemeinschaftsraum von einem kleinen Buffet selbst zusammenstellen. Doch auch hier dominieren gegrillter Fisch und Reis die Mahlzeiten, was mit der Zeit doch recht eintönig ist.
Ein Reisetag von Bunaken nach Manado nach Bitung nach Batuputih (Tangkoko Nationalpark)
Montag, 25. August Mit Hanna und Thomas aus Deutschland will ich eine kurze Zeit zusammen reisen. Und heute ist schon der Tag des Abschieds von den Bunakeninseln. Wir verlassen zusammen mit drei weiteren Touristen am Vormittag unser Hotel, und fahren per Boot nach Manado zurück. Am Hafen nimmt uns erst einmal ein Privatmann in den Busterminal mit, wo wir über Bitung nach Batuputih, zwei kleine Orte, zum Tor des Tangkoko-Nationalparks fahren. Obwohl es am Nachmittag noch stark geregnet hat, können wir vor Einbruch der Dunkelheit noch einen kleinen Spaziergang in das pittoreske Dorf unternehmen. Dort nehmen wir an einem kleinen Fest teil, wo Geld für einen neuen Kirchturm gesammelt wird. Die Leute haben Glück und sind mit ihrem Anliegen bei uns an der richtigen Adresse!
Dienstag, 26. August Heute werden wir um halb fünf geweckt, da wir eine Wanderung auf den über 1000 Meter hohen Tankoko unternehmen wollen. Nach dem Morgenessen legen wir bei sternenklarem Himmel los. Wir hören den Wald erwachen und können schon bald einige der insgesamt 379 verschiedenen Vögel, die hier leben sollen, beobachten. Ich bekomme dabei einen „Red Knobbed Hornbill“ und ein kleiner „Sulawesi Dwarf Kingfisher“ optimal vor die Linse. Ich komme mir dabei wie ein Forscher vor, der nach wochenlangem, geduldigem Warten endlich das „Objekt der Begierde“ entdeckt. Der Höhepunkt ist für mich jedoch, als eine Makkaken-Affensippe auftaucht. Es ist ein riesiges Vergnügen, diesen kleinen Waldmenschen beim Fressen, Spielen und Turnen zuzusehen. Später geht es dann steil bergauf, das auf den letzten zwei Kilometern in ein regelrechtes Bezwingen des immer steiler werdenden Hanges übergeht. Als wir dann endlich ausser Atem und am Rande der Kräfte auf dem Gipfel ankommen, ist die Sicht auf die Küste fast ausnahmslos von dunkeln Wolken verdeckt! Das Mittagessen, natürlich Reis, wird innerhalb kürzester Zeit hinuntergeschlungen. Dies ist auch nötig, denn noch vor dem Abstieg werden wir von einem äusserst kräftigen Gewitter überrascht, das in dieser Intensität nur in den Tropen vorkommt. Obwohl mit Regenjacken ausgerüstet, sind wir innerhalb kürzester Zeit durchnässt. Das Ganze ist jedoch nicht so schlimm, da es ja hier auch bei Regenwetter nie richtig kalt wird. Zurück im Homestay haben wir das letzte Bier des Hotels mit Genuss geteilt, bevor wir uns der durchnässten Kleider entledigen. Erst da merke ich, dass auch mein Geld im Portemonnaie völlig durchnässt ist. Zum Glück hat meine Kameraausrüstung nichts abgekriegt. Ich bewahre sie im Rucksack in einer Plastikbox gegen Schläge und Staub geschützt auf. Diese trotzt auch dem Regenwasser. Wir alle sind vom Trekking völlig geschafft. Kein Wunder, dieses kleine Abenteuer hat uns über neun Stunden strammes Laufen abverlangt!
Nach Manado und weiter nach Mataran, nach Udjung Pandang, nach Denpasar auf Bali
Mittwoch, 27. August Nachdem ich mich von Hanna und Thomas, meine Begleiter der letzten zwei Tage, verabschiedet habe, passe ich für die erste halbe Stunde Fahrt Richtung Manado einen Pick-up ab, der in dieser Gegend das reguläre Transportmittel ist. In diesen Fahrzeugen werden Güter von „A“ nach „B“ transportiert. Gibt es dann noch Platz, und in Indonesien hat es auf solchen Mini-Lastwagen immer Platz, können dann jeweils massenweise „Freiwillige“ auf der Ladefläche mitfahren. Unser Gefährt hat in grossen, mit Plastikdecken geschützten Bottichen Fische vom nahen Hafen geladen. Leider hat mein Rucksack durch das Gewicht diese Abdeckung durchgedrückt, so dass nach der lustigen Fahrt ein Teil meiner Kleider und der dünne Schlafsack mit nach Fisch stinkendem Wasser durchtränkt sind. Dies finde ich dann nicht mehr so amüsant. Shit happens – solche „Unfälle“ sind einfach Teil einer Asienreise. Mit einem Bemo fahre ich durch die Stadt, bevor ich mit einem grossen, jedoch grenzenlos überfüllten Bus innerhalb einer Stunde nach Mataran fahre. Danach muss ich nochmals auf der offenen Strasse ein Bemo anhalten, das mich bis zum Flughafen mitnimmt. Die Abenteuer mit einheimischen Transportmitteln sind einfach das Salz in der Suppe bei eines solchen Trips! Im Flugzeug der Garuda Indonesia, das mit Zwischenhalt in Makassar nach Denpasar auf Bali fliegt, steht mir dann für kurze Zeit der Atem still. Zum Zeitvertreib schreibe ich auf meinem Palm an meinem Buch weiter. Beim Reorganisieren der Dateien leiste ich mir aber eine Fehlmanipulation und lösche versehentlich das Kapitel „Australien mit meiner Familie“! „Das darf doch nicht wahr sein!“, murmle ich in mich hinein. Im Flugzeug darf man ja bekanntlich nicht laut fluchen! Ich habe mir schon überlegt, welch endlose Arbeit auf mich zukommen wird, wenn ich alles noch einmal schreiben muss. Auch frage ich mich, ob ich überhaupt alles nochmals schreiben will oder ob ich das ganze Buchprojekt jetzt schon aufgeben soll. Doch noch mal Glück gehabt! Ich habe vor etwa drei Tagen erstmals eine Sicherungskopie aller Dateien auf einer externen „SD-Memory-Card“ gemacht und kann so die verlorene Datei wieder auf den Palm zurückkopieren. Welche Erfahrung möchte ich von diesem Tag wohl mitnehmen? Mache von deinen wichtigen Dokumenten immer eine Sicherungskopie! Am Abend in Bali mache ich noch ein paar Besorgungen und kaufe mir ein „neues“ Secondhand-Buch sowie einige Biskuits. Ich wechsle auch nochmals Geld und esse wieder einmal ein leckeres Stück Fleisch. Beim abendlichen Spaziergang in den Strassen von Legian und Kuta verspüre ich dann doch noch ein bisschen Muskelkater vom Marsch auf den Tangkoko.
Es geht nach Maumere auf Nusa Tenggara und weiter nach Flores
Donnerstag, 28. August Der heutige Tag beginnt mit einem, sagen wir mal, kurzen, aber heftigen Schrecken. Wir stehen auf der Startpiste mit unserer Boeing 737, Flug MZ786 mit Destination Maumere auf der Inselkette „Nusa Tenggara“. Der Pilot rollt die Maschine an, gibt vollen Schub, alles dröhnt und vibriert und – anstatt nach etwa einem Kilometer abzuheben und in die Lüfte zu entschweben, leitet er eine Vollbremsung ein! Zum Glück kommen wir noch vor dem Ende der Piste zum Stillstand und fahren zum Hangar zurück. Dort wird ein Triebwerk geöffnet und ein paar Techniker schauen skeptisch und fragend hinein. Auf jeden Fall können wir nach einer Stunde Wartezeit, die wir im Terminal mit gespanntem Blick auf das Flugzeug verbracht haben, ohne Probleme auf die Insel Flores fliegen. Das Flughafengebäude in Maumere sieht immer noch so aus wie vor vierzehn Jahren, als Nicole und ich schon einmal hier waren. Klein und alt, aber heute vom erhöhten Passagieraufkommen total überfordert. Die Flugzeuge, die hier ankommen, sind keine kleinen, zwölfplätzigen Propellermaschinen mehr, sondern dröhnende, ausgewachsene Düsenjets. Wir warten noch eine ganze Weile, bis wir unser Gepäck in Empfang nehmen können. So ergibt es sich, dass ich mit vier anderen Touristen über die Weiterreise diskutiere und wir uns in der Zwischen-zeit darüber einigen, zusammen einen Bus zu chartern und sofort ins etwa drei Stunden entfernte Moni zu reisen.
Wiedersehen mit dem Vulkan Kelimutu
Freitag, 29. August Heute stehen wir schon um halb vier Uhr auf, da der Bemo von unserem Bambushäuschen-Hotel pünktlich um vier Uhr den Weg zum Vulkan Kelimutu unter die Räder nimmt. Als wir oben angekommen sind, offerieren uns die gechäftstüchtigen Indonesier Kaffee, Tee und Pfannkuchen, die wir genüsslich vertilgen. Vom Parkplatz geht es dann im leichten Fussmarsch zum Aussichtspunkt, der sich auf einem kleinen Hügel über den drei farbigen Kraterseen befindet. Das Timing stimmt auf die Minute. Wir können einen nebelfreien Bilderbuch-Sonnenaufgang erleben, wie du ihn höchstens in den Dokumentar-filmen der BBC sehen kannst. Bei der Rückfahrt ins Dorf führt uns der Driver seine schlecht ausbalancierte Stereoanlage mit den viel zu grossen Lautsprecherboxen vor. Die Höhen dröhnen wie wild in den Ohren und die Bässe bohren sich tief ins Innerste der Magengrube. Doch, das hat der Fahrer auch bestätigt, wer keine laute Musik in seinem Bemo laufen lässt, kriegt keine Fahrgäste und gilt als Schwächling. Im Hotel machen wir einen kurzen Frühstücksstopp bevor wir eine halbtägige interessante Tour in die Umgebung von Moni unternehmen. Da wir ja so früh aufgestanden sind, haben wir noch den ganzen Tag vor uns, obwohl wir den absoluten Höhepunkt von Flores schon genossen haben. Am späteren Nachmittag verabschiede ich mich dann von der Gruppe, da ich relativ schnell weiter zur Insel Komodo fahren will. Soll ich hier noch erwähnen, dass wir mit unserem Bemo eine Reifenpanne hatten? Denn dies ist in diesen Ländern so normal wie das Auto auftanken oder Öl wechseln und gehört zur den routinemässigen Arbeiten der Fahrer! In Ende, (das ist ein Stadtname!) nach zweistündiger Fahrt, übernachte ich, obwohl es mitten in der Stadt gelegen ist, in einem total verlassenen Hotel.
Samstag, 30. August Ich bin schon um fünf Uhr aufgestanden, um früh genug am Busterminal zu sein. Dies hat auch gut geklappt, so dass ich schlussendlich über eineinhalb Sunden warten muss, bis der erste und einzige Bus direkt nach Labuan Bajo mit nur etwa sechs Personen abfährt. Da ich der allererste Fahrgast bin, kann ich mir den Sitz an der Windschutzscheibe neben dem Chauffeur unter den Nagel reissen. So bin ich sicher, dass ich den ganzen Tag die wunderbare Landschaft von Flores vom besten Sitz aus geniessen kann. Die fast vierzehn-stündige Fahrt wird nur zwei Mal für je eine halbe Stunde zum Essen unterbrochen. Der Fahrer hat eine enorme Leistung gebracht, ver-langen diese Strassen doch allerhöchste Konzentration. Menschen und Tiere überqueren oftmals überraschend und im allerletzten Augenblick die Strasse. Löcher und Steinhaufen erfordern immer wieder ein brüskes Ausweichmanöver oder ein starkes Abbremsen. Und während den letzten zwei Stunden, das heisst aber nur etwa während 60 Kilometern, hat die einbrechende Nacht die Fahrt zur regelrechten Geister-bahnfahrt gemacht, da die Gestalten an den Strassenrändern oftmals wie angsteinflössende Dämonen auftauchten. Am Zielort angekommen, versuche ich noch eine Bootsfahrt auf die Komodo-Inseln zu organisieren. Mangels Touristen erweist sich dieses Unterfangen jedoch als sehr schwierig oder einfach zu teuer, da ich in diesem Fall ein Boot alleine hätte chartern müssen. Ich habe jedoch in Erfahrung bringen können, dass eine deutsche Reisegesellschaft am nächsten Tag auf die kleine Insel Rinca fahren will. Diese Nacht habe ich das erste Mal unter meinem eigenen Mückennetz verbracht, da mein Zimmer über keines verfügt und doch vereinzelte Störfenfriede zu sehen und zu hören sind.
Es geht auf die Komodo-Inseln
Sonntag, 31. August Beim Frühstück treffe ich die erwähnte Gruppe und bitte sie erfolgreich um eine Mitfahrgelegenheit zum Komodo-Nationalpark. Die älteren Leute werden von zwei Indonesiern begleitet. Bald realisiere ich, dass es sich bei den Einheimischen um eine frisch vermählte Braut mit ihren Vater handelt, die zusammen mit der Familie des deutschen Bräutigams auf der Hochzeitsreise sind. Wir machen also zusammen diesen schönen Ausflug auf eine der zwei einzigen Inseln der Welt, die Komodo-Warane, also Riesenechsen, beherbergen. Dieser Besuch stellt sich jedoch als weit weniger spektakulär heraus, als ich ihn noch von unserer Reise im Jahre 1989 in Erinnerung hatte. Dort wurden diese träge wirkenden Urechsen mit einer frisch geschlachteten Ziege gefüttert und zu viel Bewegung um die Beute animiert. Heute wird dies nicht mehr gestattet, da die Warane ihr Essen selbst jagen sollen. So machen wir eine zweistündige, leichte Wanderung in den Steppen von Rinca und sehen doch einige Prachtexemplare, die jedoch nur faul herumliegen. Über die Mittagszeit sind wir auf einer anderen Insel vor Anker gegangen, können im kristallklaren Wasser schwimmen und tauchen, bevor wir mit (wie überraschend!) Reis und Fisch verköstigt werden. Am späten Nachmittag besorge ich mir einen Flug nach Bali. Eigentlich will ich nach Lombok fliegen, doch diesen Direktflug gibt es nur drei Mal pro Woche. So muss ich den teuren Umweg über Bali machen. Doch auch das ist ein Vorteil meiner aktuellen Lebenssituation; ich leiste mir solche Extras einfach und erspare mir in diesem konkreten Fall acht Stunden Fährenfahrt und weitere 24 Stunden eingepfercht in einen überfüllten Bus. Natürlich ist das Reisen über Land und auf dem Wasser auch interessant, da so das Leben im Land beobachtet werden kann. Doch in diesem Fall wäre es wahrscheinlich des Guten zu viel gewesen. Beim Abendessen lerne ich dann vier junge Touristen kennen. Diese Traveller kommen mir vor wie Nicole und ich, als wir unsere gemeinsamen Reisen vor vielen Jahren machten. Wir lachen und schwatzen den ganzen Abend. Dabei fühle ich mich doch ganz gut, obwohl ich wirklich einer anderen Generation angehöre. Einmal mehr wird meine Geschichte von meinem Sabbatical mit Erstaunen und fast Hochachtung, natürlich auch Nicole und den Kindern gegenüber, quittiert. Es ist schon ein gutes Gefühl, so in der Welt herumreisen zu können und zu wissen, Familie und Arbeit zu Hause zu haben. Du könntest auch sagen, dass ich den „Fünfer und das Brötchen“ habe. Das macht mich zurzeit enorm glücklich! Darüber hinaus ist es sehr schön, die gleichen Reiseerlebnisse wie die Jungen erleben zu dürfen, jedoch gleichzeitig von einem ganz anderen Lebenserfahrungsschatz profitieren zu können.
Zurück nach Bali
Montag, 1. September Das Reisen ist zurzeit wirklich kinderleicht. Für kleine Distanzen setze ich mich auf eines der vielen, teils jedoch auch haarsträubend gefährlich herumkurvenden Mopeds und lasse mich genau dort absetzen, wo ich hin will. Für jeden Service und jede mögliche Auskunft gibt es Leute, die ihr Geschäft wittern und oftmals sehr gute Auskünfte und Hinweise geben können. Manchmal muss ich jedoch solche Antworten sehr genau hinterfragen und vielleicht auch von anderen Quellen bestätigen lassen. Wie zum Beispiel die Geschichte mit der Verbindung zurück nach Bali. Dieser Flug ist gemäss ersten Auskünften schon lange ausgebucht. Das konnte ich einfach nicht glauben, bin dann eben rasch in die Nähe des Flugfeldes gefahren und habe bei einem Reiseagenten nachgefragt. Dieser hat, nachdem ich ein bisschen insistiert habe, prompt auf seiner handgeschriebenen Liste einen Namen gestrichen und mit meinem ersetzt. Pech für denjenigen, der seinen Flug noch nicht bezahlt hat! Die Sache mit den Flügen auf diesen abgelegenen Inseln ist doch recht kompliziert da die Computerverbindungen meistens vollständig fehlen. Es ist darum wichtig, am Abflugort die Reise zu buchen und auch sofort zu bezahlen, damit man nicht von irgendeiner Reservierungsliste, falls es so etwas überhaupt gibt, gestrichen wird. So habe ich heute also einen Flug, der auf der Insel Sumbawa zwischengelandet ist nach Denpasar genommen. Den Nachmittag benütze ich, um am Strand von Legian zu lesen, auf den riesigen Wellen zu bodysurfen bis ein weiterer Sonnenuntergang die Nacht einleitet. Am Abend kaufe ich schon mal ein paar T-Shirts als Souvenirs für die Kinder ein.
Nach Lombok und weiter auf die kleine Insel Gili-Trawangan
Dienstag, 2. September Da das Hotel, in dem ich jetzt schon ein paar Mal geschlafen habe drei Tage lang ausgebucht sein soll, hat mich das schon ein bisschen geärgert. Doch auch dieser, wenngleich auch nur kleiner Groll ist wirklich unnötig. Die Auswahl von Luxushotels bis zu den einfachen Absteigen hier in Bali ist so riesig, dass für jeden Geschmack das Passende zur Verfügung steht. So finde ich problemlos ganz in der Nähe ein, wie es scheint sogar besseres und darüber hinaus preis-günstigeres Hotel. Es zeigt sich einmal mehr, dass oftmals ärgerlichen Situationen in umso bessere Lösungen gedreht werden können. Und ohne diesen Ärger oder ohne dieses Problem könnte das bessere Ende gar nicht gefunden werden. Nachdem ich nun in diesem Hotel den grössten Teil meines Reisegepäcks für zwei Tage deponiert und viele schmutzige Kleider für die zwischenzeitliche Reinigung abgegeben habe, kann ich schon bald den Flug nach Lombok nehmen. Eine kleine Propellermaschine fliegt uns in 20 Minuten zur Nachbarinsel. Dort teile ich mit zwei Touristen ein Taxi, das uns zum Strand führt, wo wir ein Boot auf eine der so genannten „Gilis“ nehmen sollen. An diesem Strand werden wir von dutzenden von Indonesiern empfangen, die so aufdringlich sind, als wären wir die ersten Touristen, die hier aufkreuzen. Sie wollen uns alles Mögliche verkaufen und natürlich auch den kurzen Bootstrip vermitteln. Dabei schwatzen sie uns jede mögliche und unmögliche Abfahrts- und Ankunftsvariante auf. Sie schwafeln von den verschiedenen Inseln, Rückfahrgelegenheiten, Weiterreisemöglichkeiten, Insel-hoppings und Verbindungen zurück zum Flughafen. Das ganze Hin und Her geht uns bald extrem auf die Nerven. Ich bin froh, dass ein australisches Pärchen auch auf Gili Trawangan fahren will. So chartern wir zusammen ein Boot und lassen uns auf die am weitesten entfernte der drei Inseln fahren. Da verbringen wir dann jedoch einen schönen, geruhsamen und stressfreien Nachmittag am Strand. Beim Schnor-cheln entdecke ich eine Riesenschildkröte, die in etwa drei Meter Tiefe zwischen den Korallen schwimmt. Ich tauche von hinten an und staune nicht schlecht, dass ich sie problemlos berühren kann. Sie dreht ihren kleinen E.T.-Kopf verwundert zu mir und paddelt nun ruhig an die Wasseroberfläche. Dort äugt sie aus dem Wasser und lässt sich ein paar Meter mit der starken Strömung treiben, bevor sie sich in der Tiefe der Fluten von mir verabschiedet. Den Abend verbringe ich in echter Ferienatmosphäre zusammen mit den Aussies Juliet und Jason sowie einem Indonesier. Bei einigen Whisky-Cola, viel Bier und einem guten Red Snapper zum Abendessen erzählen wir uns viele schräge Reisegeschichten. Wie in vielen dieser Restaurants sitzen wir hier in kleinen Pavillons auf Kissen um einen kniehohen Tisch und geniessen das Rauschen des Meeres. Viele Restaurants bieten in diesen Pavillons Fernseher mit diversen Video-filmen zur Auswahl an. An der einzigen autofreien, dafür mit einigen Pferdekutschen befahrenen Strasse gibt es zudem viele Openair-Kinos, kleine Discos und unzählige Bars, die um die Gunst der wenigen Touristen buhlen.
Mittwoch, 3. September Heute ist Baden und Relaxen angesagt. So geniesse ich am Morgen und Nachmittag jeweils kurz den glühenden Sandstrand. Vor allem am Morgen ist es so heiss, dass ich mich wie ein Ei in der Bratpfanne fühle. Den Abend verbringe ich mit meinen zwei australischen Begleitern in einem Restaurant mit Grossleinwand, wo wir uns neben einem Film auch mit Fisch und Salaten verköstigen können. Den zweiten Teil vom Film verfolge ich dann bequem mit einem einheimischen Bintang-Bier in der Hand von einem Liegestuhl aus. In einem weiteren Kino, wo wir auf einer Kissenlandschaft am Boden den Film geniessen wollen, bleibe ich nicht lange, da mir dieser Streifen nicht so zusagt. Stattdessen schlendere ich in der leider fast wieder menschenleeren „Hauptstrasse“ umher und ziehe mir die Ferienatmosphäre nochmals so richtig hinein.
Zurück nach Bali
Donnerstag, 4. September Heute nehme ich schon wieder Abschied von diesem Ferienparadies. Ich bin mir aber bewusst, dass ich mich noch oftmals an einem Ort wohl fühlen werde und dort auch noch länger bleiben möchte. Doch mit diesem „Problem“ muss ich leben. Das heisst ja nur, dass mir das Reisen gefällt und ich Freude am Entdecken von neuen Orten habe. Ich fahre also mit dem Boot nach Lombok zurück. Von dort geht’s mit einem Bemo bis zum Flughafen von Mataram. Da es, mangels Touristen, nur ein reguläres Boot am Morgen um acht Uhr gibt, komme ich über sechs Stunden zu früh am Flughafen an. Doch ich habe richtig gepokert; ich kann auf einen früheren Flug umbuchen. So bin ich kurz nach Mittag schon wieder am Strand von Legian. Doch bevor ich ein weiteres Mal das starke Wellenspiel im angenehm warmen Wasser geniessen kann, wage ich noch den Gang zu einem Coiffeur. Dort lasse ich mir das erste Mal den Kopf kahl rasieren. Viele Haare habe ich dort nicht liegen lassen. Es ist trotzem ein seltsames Gefühl, auf einmal die spiegelglatte Kopfhaut zu fühlen.
Freitag, 5. September Nach dem Frühstück mache ich mich daran, diesen Ausflugstag ins Innere von Bali zu organisieren. Von den vielen Fahrern, die Transporte per Taxi, Bemo oder Minibus anbieten, habe ich mich nach einigem Handeln für einen älteren Mann entschieden. Ich kann ihn schlussendlich überzeugen, dass er mich nur an die Tempel und Gebetsstätten, welche ich auch wirklich sehen will, bringt. Denn eigentlich hätte auch er es vorgezogen, die Sightseeingtour mit den üblichen Visiten bei kleinen Handwerksfirmen, wo die Touristen viele Souvenirs kaufen sollen, zu spicken. Ich kann den ganzen Tag nach eigenem Gusto von einem interessanten Ort zum nächsten Aussichtspunkt fahren und diese Tour nach Belieben mit verschiedenen Fotostopps unterbrechen. Das Ganze wird am Abend von einem phänomenalen Sonnenuntergang am Tempel von Tanah Lot gekrönt.
Samstag, 6. September Den heutigen, letzten Tag in Indonesien und Bali beginne ich nochmals am Strand von Legian. Da lasse ich mir, nach dem Kahlschnitt von vorgestern, noch ein Henna-Tatoo auf den Arm malen. Das ist ja eigentlich überhaupt nicht mein „Style“, doch passt es ganz gut zu meiner neuen „Frisur“. Überdies geht es ideal einher mit meiner guten Laune und der Freude an dieser phänomenalen Lebensphase. Nun liege ich so am Strand und kann ein weiteres Paperback, das zweite Buch während meiner Ferien, beenden. Da ich keine Lust habe, dieses in einer Bücherbörse zu tauschen, vermache ich es meiner Strandplatz-nachbarin. Nach einem kurzen Wortwechsel mit Joanne aus Australien, gehen wir zusammen Mittagessen. Dort führen wir, bei einem leckeren Salat, ein angeregtes Gespräch über Gott und die Welt. Bei dieser Gelegenheit erzähle ich ihr auch von einem Lied, das mir andauernd im Kopf umherschwirrt. Diesen Song habe ich kurz vor meinem Sabbatical im Musical „Deep“ in Zürich gehört. Das Lied hat den Refrain: „Wer Spass hat, ist König, wer keinen hat, ist Knecht. Hast du davon zu wenig, gehts dir im Leben schlecht“. Dies hat uns dann bei unserem philosophischen Gespräch zu folgender These gebracht: Es gibt in unserer „zivilisierten“, industrialisierten Welt eine Tendenz, die auf diese positive Lebensanschauung zusteuert. Im ganzen Durcheinander von Gewalt, Terror, Krankheiten und wirtschaftlichen Unsicherheiten sucht man sich seine Insel, wo man Halt und Geborgenheit findet und wo man sich aus dieser negativen Spirale lösen kann. Das hört sich vielleicht ein bisschen abgedroschen und einfach an – aber liegt darin nicht auch eine winzige Spur Wahrheit? Mein Chauffeur von gestern hat am Nachmittag die Offerte angenommen und hat Jo und mich für meinen letzten Ausflug nach Uluwatu, ein Tempel im Süden von Bali, pünktlich vor dem Hotel abgeholt. Zuerst lassen wir uns noch zur Post fahren, wo ich die erste Ladung Souvenirs und Geschenke nach Hause schicke. Mich trifft jedoch fast der Schlag, als der Postbeamte für die etwa sieben Kilogramm schwere Sendung umgerechnet 110 Franken in Empfang nimmt. Aber es gibt für mich keine andere Alternative, um so viel Gewicht wie möglich loszuwerden. Trotzdem habe ich noch enorm viele Sachen bei mir, die meine Rucksäcke über Gebühr belasten. Uluwatu macht mir anfangs keinen spektakulären Eindruck. Die obligaten Affen sind noch ganz lustig. Vor allem amüsieren wir uns, weil sie einem Tourist Mütze und Sonnenbrille stibiezen und diese nur gegen einen ganzen Sack getrockneter Bananen wieder herausgeben. Trotz des Hinweises am Eingang des Tempels, der vor den diebischen Affen warnt, verhalten sich viele Touristen so sorglos, als wenn sie die Bahnhofstrasse in Zürich entlangspazieren. Je mehr dieser heisse Nachmittag sich in einen schönen Abend verwandelt, desto eindrucksvoller wird unser Abstecher nach Uluwatu. Denn in der Nähe des Tempels wird ein Kecak- und Feuertanz vorge-führt. Dies entpuppt sich als ein extrem intensives Erlebnis. Am Horizont versinkt die rote Sonne langsam im Meer. Vor uns tanzen und singen etwa fünfzig Männer den kultischen Kecak-Tanz und stellen teils beschwörende, teils furchterregende Figuren der balinesischen Mythologie dar. Das Ganze gipfelt in einem rötlichen Feuerring, der unter lautem Gesang und tief gehenden Rhythmen von einer der Fabelfiguren barfuss ausgtreten wird. Im Nachhinein ist es für mich nicht verwunderlich, dass mein Indonesienabenteuer mit einem so einprägsamen, unter die Haut gehenden Erlebnis zu Ende geht. Es hat meinen Eindruck dieses interessanten und harmonischen Landes nochmals bestätigt.
Auf der Sabbatical-Reise geht es zurück nach Australien, genauer nach Qeensland und Ostaustralien. Hier geht es direkt zum Bericht